Von Pionieren zur Institution der Gruppenprophylaxe – 25 Jahre bei der LAGJTh e.V.

Von Pionieren zur Institution der Gruppenprophylaxe – 25 Jahre bei der LAGJTh e.V.

03.05.2023

Im Juni 1992 bekam die Zahnmedizinische Gruppenprophylaxe durch Gründung der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege (LAGJTh) eine neue Struktur, nachdem die Gesundheitsämter und Polikliniken aus der DDR-Vergangenheit aufgelöst waren. Man begann die Arbeit mit einem Modell, in dem Schulen und Reihenuntersuchungen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst und Kindergärten durch Patenzahnärzte betreut wurden. Die Zahl der zu betreuenden Einrichtungen wurde mit den Jahren größer und damit war eine flächendeckende Betreuung aller nicht mehr zu leisten. 1997 entschied sich daher die LAGJTh zu einem Pilotprojekt. Es gab einen Weiterbildungskurs der Landeszahnärztekammer mit speziellem Baustein zur Gruppenprophylaxe. Aus diesem Kurs begannen acht Prophylaxehelferinnen (heute Prophylaxefachkräfte, ZMP) nach weiterer Vorbereitung und Praktikum ihre Tätigkeit 1998 bei der LAGJTh.

Aktuell begehen fünf von diesen Pionieren ihr 25-jähriges Dienstjubiläum.

Über den Anfang wird aus dem Kreis der Pioniere berichtet, dass es wenig Erfahrung mit Gruppenprophylaxe gab, Lehr- und Beschäftigungsmaterial war nur wenig vorhanden, was sie aber nicht davon abgehalten habe, sich als „professionelle Zahnfee“ zu versuchen.

Als Pilotprojekt war der Fortbildungskurs für Gruppenprophylaxe umfangreich, präzise und wissenschaftlich bestens fundiert. Es fehlte aber die Erfahrung in der Praxis. Gabriele Zahn erinnert sich: „Wir hatten ausschließlich hochwissenschaftliche Kurse mit Professoren und Doktoren, und noch keine Vorstellung davon, was uns im Kindergarten erwartet. Meine Kreativität konnte ich dabei immer sehr gut ausleben und in diesem Beruf stetig wachsen.“ Mit Tatendrang, einem guten Gespür für Kinder und eigenen Ideen gingen die Mitarbeiterinnen in die Kitas und lernten bei der Interaktion mit den Kindern, welche Ansätze und Aktionen in welcher Altersgruppe funktionierten.

Anke Heidecke ist immer wieder erstaunt, wie aufmerksam die jüngeren Kinder sind, so dass sich sogar die Kleinsten an das Zähneputzen am Putztier gut erinnern. „Für das Material, das wir am Anfang verwendet haben, bekamen wir nicht nur Unterstützung durch Erzieher, sondern halfen uns gegenseitig. Wir probierten viel aus und holten uns auch Ideen von Messen und Anregungen aus verschiedenen Spielen. Besonders viel haben wir aber von den Kindern selbst gelernt. Durch ihre Fragen und Rückmeldungen verbesserten wir unsere Materialien weiter.“

Es entstand jede Menge individuelles Material, das in den folgenden Jahren, auch mit pädagogisch-wissenschaftlicher Unterstützung, weiterentwickelt wurde.

Besuch bei Gaba 2001

Gruppenprophylaxe bedarf neben Fachwissen und Erfahrung, Beharrlichkeit, Ausdauer, Kreativität, Gespür für verschiedenste Menschen – Groß und Klein – auch pädagogisches Geschick. Von rund 92.000 Kindern in den Einrichtungen im Freistaat werden 31% durch Patenzahnärzte und 66% durch mittlerweile 20 Prophylaxefachkräfte der LAGJTh e. V. betreut. Vier Mal jährlich führen diese Akteure Impulse zur Mundgesundheit und gesunder Ernährung in Thüringer Kindergärten durch. Es gibt zahlreiches Material, ein solides Netzwerk der Akteure und ein gutes Bewusstsein für die Notwendigkeit der Gruppenprophylaxe.

In all den Jahren gab und gibt es Konstanten: Die Kinder freuen sich nach wie vor sehr, wenn die „Zahnfee“ kommt, zum Putzen anleitet, fluoridiert, vorliest oder mit den Kindern bastelt. Ines Kallenbach meint: „Es ist wirklich die ganze Zeit gleichgeblieben, dass die Kinder schon an den Fenstern stehen, wenn man ankommt. Diese Euphorie ist einfach schön. Auch nach der Pandemie sind wir in den Einrichtungen wieder gern gesehen und freuen uns, dass Normalität einkehrt.“ Die Beziehungen zu den Einrichtungen und den Erziehern werden vielerorts als familiär beschrieben.

Petra Zimmermann meint stolz: „Die Kinder in Thüringen haben ein gesetzlich verankertes Recht auf Gruppenprophylaxe. Es ist mitunter ein mühseliges Geschäft, aber trotzdem haben wir den besten Job der Welt, denn wir sehen tagtäglich, dass sich unsere Mühe lohnt.“

Präsentation der LAG 1999 in Weimar
Erste-Hilfe-Kurs 2010

Im Verlauf der Jahre hat sich das Aufgabenfeld erweitert. Die Prophylaxefachkräfte sind nicht nur Akteur für die Kinder. Als fachlich qualifizierte Ansprechpartner für Multiplikatoren, wie Erzieher, Hebammen und Fachpersonal im sozialen Bereich sowie Berater für Sorgeberechtigte und Schwangere bedienen sie mehrere Settings im Arbeitsalltag. Auch technische Veränderungen hielten im Bereich der Gruppenprophylaxe Einzug. Die Erfassung von statistischen Daten und die Pflege sämtlicher Dateien und Listen erfolgt mittlerweile elektronisch. In der Pandemie wurden sogar Online-Impulse durchgeführt und selbstverständlich ist heute jede Prophylaxefachkraft auch per Handy und E-Mail zu erreichen.

Mit Stolz kann man sagen, dass aus dem anfangs noch unsicheren Pilotprojekt eine gut ausgebaute Institution geworden ist. Aus experimentierfreudigen Prophylaxe-Pionieren wurde ein gestandenes Team, das neben der Hauptaufgabe mit den Kindern vor Ort und Beratung im gesamten Setting Kita, auch Fortbildungskurse gibt, Aktions- und Projekttage gestaltet und oft um fachlichen Rat angefragt wird. Alle verstehen sich als essentiellen Teil der Gesundheitsprävention, die ohne die unermüdliche Arbeit an der Basis nicht funktionieren kann.

Anke Jünger erklärt: „Gefühlt bin ich schon 300 Jahre dabei. Man ist Teil dieses Kreislaufes des Lebens. Als mich eine junge Mutter auf der Geburtsstation ansprach und sich aus ihrer eigenen Kindergartenzeit an mich und sogar an meine Geschichten, die ich mit Puppe Else erzählt habe, erinnerte, ging mir das Herz auf. Man entlässt die Kinder ins Erwachsenenleben, die dann ihr Wissen an die nächste Generation weitergeben. Das ist ein wunderbares Gefühl.“

Übrigens haben Anke Jünger, Anke Heidecke, Ines Kallenbach, Gabriele Zahn und Petra Zimmermann in den 25 Jahren bisher gerundet etwa 580.000 km für Thüringens Kinder zurückgelegt – und das in allen Jahreszeiten!

Wir gratulieren unseren Pionieren ganz herzlich zum Vierteljahrhundert in der Gruppenprophylaxe!

 

LAGJTh-Fortbildung beim Zahnärztetag 2022